FT-CI

Eine Antwort auf Arbeitslosigkeit und Armut

Die Kapitalisten sollen für die Krise zahlen!

18/06/2009

Die Wirtschaftskrise hat die deutsche Wirtschaft voll erfasst. Die Exportabhängigkeit Deutschlands wird zu einer Last riesigen Ausmaßes, welche die Kapitalisten nicht bereit sind
zu tragen. Heute schon zeichnet sich der Rettungsschirm für den maroden Bankensektor von 480 Mrd. als völlig unzureichend ab. Daher die Verhandlungen und Ankündigungen von der Errichtung einer Bad-Bank, d.h., einer Bank, die die faulen Wertpapiere der Privatbanken ankauft, eine Operation die von Steuergeldern finanziert wird. Anders gesagt, die Regierung sozialisiert die Verluste bei gleichzeitiger Privatisierung der Gewinne. „Die Banken kriegen Schwimmwesten, damit sie über Wasser bleiben“, nennt der Finanzminister Steinbrück die staatliche Garantie von 500 Milliarden Euro Steuergeldern. Das alles „hat erst begonnen. Wir sind lange nicht durch. Vor uns liegt eine risikoreiche Zeit.“ Frank-Walter Steinmeier (Lob der Gier, Spiegel vom 12. Mai 2009).
Die Kapitalisten versuchen also die Last der Krise auf die Lohnabhängigen und Arbeitslosen abzuwälzen, denn die Auswirkungen der Krise sind enorm: Kreditverknappung, Produktivitätsrückgang um 6,2%, Rückgang der Exporte um bis zu 15% - der schlimmste Rückgang seit Bestehen der BRD -, Schrumpfung um 38% bei der Autoindustrie in den ersten fünf Monaten des Jahres, Drosselung der Produktion im Maschinenbau was zum Produktivitätsrückgang in manchen Produktionsbereichen von bis zu 60% wie in der Stahlindustrie zur Folge hatte.
Diese Situation verwandelte die „europäische Lokomotive“ – die Dank der Gegenreformen von rot-grün wieder in Fahrt kam- in einen Bremsklotz. Das BIP fiel auf 6,7% im Gegensatz zum Vorjahr, was dazu führte, dass alle europäischen Volkswirtschaften hinter die Deutschen fielen. Und die Zukunft für die subalternen Klassen sieht düster aus: Laut bürgerlicher Wirtschaftsforscher wird Deutschland „vor 2013 nicht mehr das Wertschöpfungsniveau erreichen“, das 2008 geschafft wurde.

Wachsende Legitimationskrise der Vermittlungsmechanismen und der Wirtschaftsordnung ...
Sinkende Realeinkommen, Jobauslagerungen oder deren Drohung, führten verstärkt zur Unzufriedenheit, Besorgnis über eine schwarze Zukunft und zum Frust breiter Teile der Bevölkerung. Wie bürgerliche Analysten mit Besorgnis konstatieren, drängt sich die Verteilungsfrage aufs heftigste ins Zentrum der politischen Debatte. Das bereits in der Aufschwungsphase vorhandene Gefühl sozialer Ungerechtigkeit nimmt angesichts der sich zuspitzenden Krise zu. Anders als in früheren Jahren werden heute auch die Mittelschichten von Verarmung und Verelendung bedroht. Wie Statistiken zeigen, lauere für drei Viertel der Deutschen hinter den Crash-Nachrichten der tiefe Absturz. „57 Prozent sorgen sich um ihre wirtschaftliche Zukunft, 38 Prozent sehen sich schon jetzt von der Krise betroffen.“
Diese aktuellen Entwicklungen, nämlich die Risse innerhalb der verschiedenen Flügel des Kapitals, sowie innerhalb ihrer politischen Vertreter sind der Ausdruck einer sich rasant vertiefender Legitimationskrise der hoch gepriesenen „Sozialen Marktwirtschaft“, sogar des Kapitalismus: Dabei rüttelt die Krise auch am institutionellen Rahmen. Auch die bürgerliche Demokratie und ihre Vermittlungsmechanismen geraten in der Krise, gleichwohl etwas langsamer aber dennoch eindeutig, wie der Mitgliederschwund bei allen Parteien, angefangen bei der SPD oder auch bei den Gewerkschaften, eindrucksvoll zeigt.
Die Kapitalistenklasse und ihre Verwalter befinden sich also zunehmend in Schwierigkeiten, ihre Geschäfte reibungslos zu organisieren.

... und erste Risse im kapitalistischen Lager

Angesichts der Tiefe und Ausmaßes der Krise breitet sich innerhalb des bürgerlichen Lagers allmählich Verunsicherung und Ratlosigkeit aus. Die Meinungen im kapitalistischem Lager pendeln zwischen Forderungen nach keynesianischen Maßnahmen wie etwa staatlichen Konjunkturprogrammen, bürgerlichen Verstaatlichungen wie im Falle der überschuldeten HRE und marktwirtschaftlich orthodoxen ökonomischen Vorstellungen wie dem Ruf nach einer Rückkehr zu den Prinzipien der freien Marktwirtschaft, also Privatisierungen, Steuersenkungen, Sozialabbau, restriktive Geldpolitik, Deregulierung der Märkte, usw. Diese Entwicklung schlägt sich in der parteipolitischen Landschaft nieder, wie die Entwicklung innerhalb der CDU zeigt und vom Spiegel konstatiert wird: „Die Marktradikalen des Wirtschaftsrates sehen andere Ursachen und Konsequenzen als die wertkonservativen oder die sozialreformerischen Kräfte in der Union. Die einen fühlen sich ertappt im neoliberalen Sturm und Drang, die anderen bestätigt im Streben nach mehr sozialer Gerechtigkeit.“ Kurzum, die Bourgeoisie hat noch kein schlüssiges und einheitliches Konzept um die Krise zu meistern.
Die Reibungen innerhalb der Kapitalistenklasse werden somit immer klarer und deutlicher: Jeder Kapitalist versucht sich heute vor der drohenden Katastrophe zu retten. Dafür liefern sich ein Wettrennen um staatliche Hilfen für ihre angeschlagenen Konzerne wie die Forderung der Gruppe Schaeffler/Conti, Opel oder Arcandor. Jeder Kapitalist sagt von sich, wie wichtig er und seine Tätigkeit für den „Standort Deutschland“ sei.
Dabei handelt es sich oft um Unternehmen, welche in den vergangenen Jahren satte Gewinne gemacht haben, und heute verlangen, dass die Reichtumsschaffenden, also die Lohnabhängigen, für sie gerade stehen, wie das Beispiel vom Insolvenzkandidaten Porsche eindrucksvoll zeigt, das die Staatsbank KfW um einen Kredit von 1,75 Milliarden Euro bat .
Was anfangs nur für den Bankensektor galt, d.h. die Vergabe von staatlichen Hilfen um den Zusammenbruch zu vermeiden, wollen nun auch andere Sektoren des Kapitals in Anspruch nehmen. Dabei ist die Unverschämtheit der Kapitalisten und bürgerlichen Politiker so groß, dass sie während sie staatliche Hilfen verlangen, im gleichen Zug Massenentlassungen ankündigen.
Die verschiedenen Sektoren des Kapitals wetteifern nun um die wenig vorhandenen Rettungsschirme. Im Kapitalismus, einem auf Konkurrenz und Ausbeutung basierenden Wirtschaftssystem, können nicht alle Kapitalisten gerettet werden. Dies bringt den einzelnen Kapitalisten jedoch nicht davon ab, vom seinem Staat die dringend notwendige Hilfe zum Ìberleben zu verlangen.
Daher ist auch das europäische Projekt ein reaktionäres und utopisches Projekt, denn die Interessen der verschiedenen Bourgeoisien nicht friedlich koordiniert werden können. Die Unstimmkeiten bezüglich das Vorgehen in der aktuellen Wirtschaftskrise und den protektionistischen Kurs jede einzelne Wirtschaft spricht dafür.
Die entstehenden Risse und Unstimmigkeiten innerhalb der herrschenden Klasse spiegeln sich auch in das Fehlen eine klare politische Führung. Diese Führungsproblematik ist Ausdruck der Sorge der Bourgeoisie wie weiter nach der Bundestagswahl vorzugehen sei. Dabei ergeben sich dem Kapital letztendlich nur zwei mögliche politische Konstellationen, die aber beide Nachteile mit sich bringen: Soll man eine „rechte“ Koalition aus CDU und FDP bevorzugen, die die Angriffe auf die Massen direkt und offen ausführt und die Möglichkeit einer gesellschaftlichen Polarisierung in Kauf nimmt, oder, lieber doch auf eine Großkoalition aus CDU und SPD setzen, die die Angriffe langsamer aber dafür mit weniger sozialen Unruhen gestaltet?

Perspektiven und Aufgaben
Die derzeitige Wirtschaftskrise rüttelt an dem Mythos der Gutherzigkeit des „freien Marktes“, der als ideologischer Unterbau für die neoliberale Offensive diente. Jene Offensive, welche drei Jahrzehnte andauerte und zum Rückgang der Arbeiterbewegung führte. Auch der Glaube der Kapitalismus sei unbesiegbar geworden, ist heute stark angeschlagen.
Die Herrschenden werden weiterhin ihr Projekt vorantreiben, den sog. „Sozialstaat“ auf einen Minimum zu reduzieren, jedoch mit gedrosseltem Tempo.
Durch die Gegenreformen wie die Hartz-Gesetze oder die Agenda2010 hat die Bourgeoisie es bisher geschafft, die relative Produktivität der Arbeit zu erhöhen, sei es durch die Einfrierung der löhne, die indirekte bzw. direkte Lohnsenkung, Erhöhung des Rentenalters etc. Andererseits wird niemand sie vom Versuch abbringen, die Staatsausgaben im sozialen Bereich auf ein absolutes Minimum zu reduzieren um die Rendite der Kapitalisten indirekt zu erhöhen und gleich dazu eine Reservearmee Hungriger zu schaffen, um sie gegen das arbeitende Proletariats einzusetzen.
Das Resultat dieser Politik, die noch lange nicht abgeschlossen ist, lässt sich heute schon erkennen: ca. eine Millionen Menschen sind in der BRD auf Armenküchen angewiesen, vor allem alleinerziehende Frauen, Kinder, Jugendlichen und Migranten. Der Spiegel sagt es zutreffend: „Wer immer mit wem von Oktober an regiert, er wird eine kaputte Republik regieren: fünf Millionen Arbeitslose, Rekordschulden, Sozialabbau. Das Land ist dann da, wo es 2002 war.“ Also Zeit für einen „Neustart der sozialen Marktwirtschaft“ (Steinmeier im Berliner Tempodrom), oder auch sie zu „erneuern“ (Kanzlerin Merkel). Nach der Bundestagswahl kommt die Quittung für die Rettung der Bankiers und kriselnde Unternehmen, eine neue Agenda steht dann vor der Tür. Weitere Kürzungen im sozialen Bereich werden die Folge sein.
Nun drängt sich die Frage auf, wie die Ausgebeuteten und Unterdrückten vorzugehen haben. Die Unternehmen machen Verluste, viele sind von Insolvenz bedroht, die Auftragslage geht zurück, usw. Dabei wird immer wieder behauptet, was gut für das Unternehmen ist, ist auch gut für den Arbeiter... Aus der Gewerkschaftsbürokratie ist keine Antwort im Interesse der Arbeiter zu erwarten. Sie zeigen Verständnis angesichts der schweren Lage und verkünden „die Bereitschaft“ der Arbeiter zum Lohnverzicht. Dies wird dann als notweniges Ìbel vorgegaukelt. Sie verlangen von den Arbeitern Geduld angesichts der schwierigen Lage ihrer Ausbeuter. Dies impliziert natürlich den Schulterschluss mit den Kapitalisten, in der Hoffnung die Zeiten werden irgendwie besser und dann geht es aufwärts. Die Gewerkschaftsbürokratien verkaufen die Arbeiterkämpfe um sie dann als Siege auszugeben, wie beim Ausverkauf bei Mahle Alzenau, bei der die IG Metall sich auf ein für die Arbeiter schäbige Vereinbarung mit den Bossen einließ.
Für ihre beruhigende Aufgabe wurden die Gewerkschaftsbürokratien und manche Sektoren der Arbeiteraristokratie mit kleinen Zugeständnissen belohnt: Die Verlängerung des Ìberbrückungsgeld von 18 auf 24 Monaten. Diese Maßnahme ermöglicht den Kapitalisten andererseits eine preiswerte Atempause sowie die Kosten einer schmerzhaften Auseinandersetzung zu verlagern. Mittel- und langfristig jedoch werden Unternehmen auf Kündigungen zugreifen. Heute befinden sich schon ca. 1,4 Millionen Arbeiter in Kurzarbeit. Die vor kurzem beschlossene Verlängerung des Ìberbrückungsgeldes ist also als Versuch die sich zur Zeit entstehenden Wogen zu glätten, als auch eine Hilfe an die Bourgeoisie, zu verstehen, damit diese nicht schon vor der Bundestagswahlen auf Entlassungen zurückgreifen (s. Art. S.7), denn das Ìberbrückungsgeld ist eigentlich ein Verdeckungsmechanismus, das das Problem der Arbeitslosigkeit nicht löst, sondern nur aufschiebt. Dadurch wird Konfusion und Passivität in den Arbeiterreihen gesät und so das wahre Ausmaß der Krise verdeckt; die Arbeiter werden stufenweise aus den Betrieben entlassen. Während der Auszahlung des Kurzarbeitgeldes schließen die Arbeiter ihre Reihen nicht, sie bereiten sich nicht auf die kommenden Auseinandersetzungen vor, sie verfallen der vergiftenden Politik der Gewerkschaftsapparate.
Die Aufregung um die Warnungen von „sozialen Unruhen“ von führenden Gewerkschaftsvertretern deutet auf die wachsende Angst der Herrschenden hin, plötzlich einer sozialen Explosion historischen Ausmaßes gegenüber zu stehen. Jedoch wissen die Herrschenden, dass seitens der Gewerkschaftsbürokratie keine Gefahr zu erwarten ist, im Gegenteil. Was die herrschenden Fürchten ist eine Generalisierung von unangekündigten Streiks wie letztes Jahr bei den Lokomotivführern. Sie fürchten sich vor ein Zusammenkommen zwischen Sektoren der Avantgarde und die Masse der Arbeiterschaft, wie wir es bei der DGB Kundgebung am 1. Mai in Berlin beobachten konnten. Daher auch das rabiate Vorgehen der Ordner des Gewerkschaftsapparates gegen die linken Sektoren.
Seit bestehen der BRD hatte die Arbeiterklasse keine objektiv günstigere Bedingung gegen das Kapital vorzugehen als heute. Für sie geht es nicht um die Erneuerung des Kapitalismus, wie ihre gewerkschaftlichen Vertreter propagieren; es geht auch nicht darum dieses System der Ausbeutung und Entfremdung zu „vermenschlichen“.
Die Arbeiterklasse Deutschlands, wie in den übrigen ländern, hat die Aufgabe sich neu zu formieren, den Ballast ihrer Führer abzuschütteln und alte Kampfformen neu wiederzubeleben: Unangekündigten Streiks, kämpferische Streikposten, wilde Streiks, Fabrik- und Unternehmensbesetzungen, Produktion unter Arbeiterkontrolle, Arbeiterdemokratie.
Die Zeit drängt: Die strategische Frage muss wieder aufgeworfen werden. Es ist Zeit ein kämpferisches Aktionsprogramm aufzustellen um die Krise diejenigen, die sie verschulden, zahlen zu lassen. Die Kapitalistenklasse, die herrschende Klasse, ruht sich niemals aus. Bald wird sie wieder den Frontalangriff starten.
An einem historischen Wendepunkt stehend hängt die Zukunft der Menschheit im nächsten historischen Zeitraum von der Antwort der Arbeiterklasse auf die Angriffe des Kapitals ab. Heute haben wir mehr denn je die Aufgabe, eine revolutionäre politische Alternative aufzubauen, die in der Lage ist, die Massen für einen erbitterten Kampf ums Ìberleben vorzubereiten. Dies wird durch die Fusion der kämpferischen und ausopferungsvollen Jugend mit dem Proletariat geschehen, in der Synthese von revolutionärem Programm und unerbitterter Kampf geschehen.
Wir müssen eine Brücke zwischen der ausopferungsvolle Jugend und die fortschrittlichsten Sektoren der Arbeiterklasse schaffen (siehe Die Bourgeoisie soll für die Krise zahlen! aus Internationaler Klassenkampf Nr. 2). Eine Brücke aus Ìbergangsforderungen, welche ausgehend von den derzeitigen Bedingungen und dem aktuellen Bewusstsein großer Teile der Arbeiterklasse, und letztere zu ein und derselben Schlussfolgerung führen: Die Eroberung der Macht durch das Proletariat „mit dem Ziel der Enteignung der Bourgeoisie“(Trotzki, L.: Das Ìbergangsprogramm). So sieht die dringende und strategische Antwort aus, wenn wir Arbeiter nicht am Ende die Kosten der Krise und den Zerfall des kapitalistischen Systems zahlen wollen. Obwohl viele Arbeiter dies zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht so sehen, so können sie doch die Härte der Krise und ihre eigenen Erfahrungen im Klassenkampf zu dieser Schlussfolgerung führen. Dies ist die schwierige Aufgabe für uns und all jene, die für sich beanspruchen, Revolutionäre zu sein. Daher fordern wir:


Öffnung der Bücher und Abschaffung von Geschäftsgeheimnissen

Gleitende Skala der löhne und Verteilung der Arbeitszeit zwischen allen zur Verfügung stehenden Kräften auf Kosten der Reichen und der Kapitalisten

Enteignung unter Arbeiterkontrolle aller Unternehmen, die Entlassungen vornehmen

Enteignung ohne Abfindungen der Privatbanken, Verstaatlichung des Kreditsystems und Vereinigung in einer Bank in Staatshand unter Arbeiterkontrolle

Enteignung aller Konzerne und der Produktion unter Arbeiterkontrolle

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