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Kampf gegen Entlassungen bei LEAR in Argentinien
von : RIO | Revolutionären Internationalistischen Organisation, Deutschland

13 Jul 2014 | In den letzten Wochen, während die Regierung alles auf das Weiterkommen der argentinischen Nationalmannschaft setzte, um von anderen Themen abzulenken, spielte sich im Norden von Buenos Aires ein harter Kampf gegen Entlassungen ab. LEAR Corp. ist ein US-amerikanischer multinationaler Konzern, der 122.000 ArbeiterInnen in 36 ländern, vor allem in (...)
Kampf gegen Entlassungen bei LEAR in Argentinien

In den letzten Wochen, während die Regierung alles auf das Weiterkommen der argentinischen Nationalmannschaft setzte, um von anderen Themen abzulenken, spielte sich im Norden von Buenos Aires ein harter Kampf gegen Entlassungen ab.
LEAR Corp. ist ein US-amerikanischer multinationaler Konzern, der 122.000 ArbeiterInnen in 36 ländern, vor allem in Lateinamerika, Asien und Osteuropa beschäftigt. Mit einem Umsatz von mehr als 16 Milliarden Euro im Jahr, der von 2014 auf 2013 um weitere 10 Prozent stieg, rangiert der Automobilzulieferer auf Platz 177 der 500 reichsten Unternehmen weltweit. Auf der gesamten Welt sind sie für ihre anti-gewerkschaftliche Politik bekannt, die den ArbeiterInnen keine Rechte zuspricht.

Ende Mai wurden 200 ArbeiterInnen auf unbefristete Zeit beurlaubt. In der darauffolgenden Zeit wurden 100 ArbeiterInnen direkt entlassen, weitere wurden beurlaubt oder in Kurzarbeit geschickt. Die Firma benutzt den Einbruch der Nachfrage in der Automobilindustrie als Ausrede, um besonders die kämpferischen AktivistInnen rauszuschmeißen und die gesamte Belegschaft einzuschüchtern. Doch sie wehrten sich und beschlossen in einer kurzfristig einberufenen Versammlung Ende Juni für drei Stunden zu streiken. Währenddessen besetzten die entlassenen ArbeiterInnen die Einfahrt zum Betrieb, um das Ein- und Ausfahren der Lastkraftwagen zu verhindern. Als in der darauffolgenden Woche weitere Streikaktionen geplant werden sollten, wurden die antibürokratischen Delegierten des Betriebsrates nicht in die Firma hineingelassen, womit die KapitalistInnen zu offensichtlich illegalen Methoden griffen, um den Kampf zu verhindern.

Nichtsdestotrotz blieb die Kampfesmoral der Entlassenen hoch und so wurden in den darauffolgenden Tagen zahlreiche Demonstrationen und Straßenblockaden in der Innenstadt von Buenos Aires oder auf der Zufahrtsstraße zum Betrieb durchgeführt. Gemeinsam mit solidarischen Studierenden der PTS-Jugend und der Studierendenzentren und den klassenkämpferischen Betriebsräten der Industriezone, in der auch LEAR sich befindet, wurde gegen die Entlassungen und für die Wiedereinstellung protestiert. Die Gewerkschaft des Automobilsektors SMATA behält jedoch ihr verräterisches Schweigen bei und kooperiert so direkt mit dem Unternehmen, das auch durch das Arbeitsministerium geschützt wird.

In der Zwischenzeit weitete sich die Unterstützung des Kampfes bei LEAR gegen den multinationalen US-Konzern deutlich aus: Das Abgeordnetenhaus von Buenos Aires drückte auf Initiative von Christian Castillo (PTS in der Front der Linken und ArbeiterInnen) seine Besorgnis über die Entlassungen aus und sendete eine Delegation aus Abgeordneten nach Pacheco, wo jedoch nur der Abgeordnete der Regierungspartei zu Gesprächen eingelassen wurde. Auch der regierungskritische Gewerkschaftsdachverband CGT unter Führung von Hugo Moyano drückte seine Unterstützung aus. Auf internationaler Ebene erhielt der Kampf die Unterstützung von linken Intellektuellen wie Paul James und Noam Chormsky, sowie von gewerkschaftlichen und linken Organisationen aus den USA, Großbritannien, Mexiko, Griechenland und weiteren ländern.

Am 8. Juli wurde der Kampf mit einem nationalen Protesttag für die LEAR-ArbeiterInnen und gegen Entlassungen und Kurzarbeit auf eine neue Ebene gehoben. Während im ganzen Land Aktionen stattfanden, in Rosario vor General Motors, in Córdoba vor LEAR, wurden in Buenos Aires mehrere neuralgische Verkehrsknotenpunkte blockiert, um auf den Kampf aufmerksam zu machen. 300 ArbeiterInnen versammelten sich ab 5 Uhr morgens vor den Fabriktoren um den Eintritt anderer ArbeiterInnen und den Beginn der Produktion zu verhindern. Weitere 400 blockierten die größte Autobahn des Landes, die auch durch diesen Industriegürtel führt. Schnell wurden diese Proteste angegriffen: Hunderte PolizistInnen räumten mit Gummigeschossen, Wasserwerfern, Knüppeln und Hunden die Autobahn und schreckten dabei nicht zurück, zahlreichen Arbeiterinnen und Arbeitern teils schwere Verletzungen zuzufügen. Später am Tag beklagte sich der Sicherheitsminister Sergio Berni über die Abgeordneten der FIT, die nichts zur Verhinderung dieser Proteste täten und sie sogar mitorganisierten. Diese Repression, die von Millionen von ArbeiterInnen im ganzen Land durch das Fernsehen verfolgt wurde, führte zu harter Kritik. Die unabhängige Menschenrechtsorganisation des Friedensnobelpreisträgers Adolfo Peréz Esquivel, aber auch zahlreiche regierungsnahe Menschenrechtsorganisationen und Gewerkschaften verurteilten die harte Repression gegen die Protestierenden.

Obwohl die argentinische Regierung von Cristina Fernández de Kirchner weiterhin von der „Ausweitung der Rechte“ spricht und sich als „Regierung der Nation und des Volkes“, „die nie die sozialen Proteste reprimiert“ bezeichnet, enttarnt sich diese Erzählung immer mehr als das Märchen, das es wirklich ist. Anfang des Jahres wurde die Entwertungskrise des Peso mit einer massiven Inflation bekämpft, die die Lebensbedingungen der Bevölkerung deutlich verschlechterte. In der Tarifrunde versuchte die Regierung, eine Obergrenze der Erhöhungen durchzusetzen, die weit unterhalb der Inflation lag. Im April legte die Regierung einen Gesetzesentwurf zur Einschränkung des Versammlungsrechtes vor, das Gesetzen der Pinochet-Diktatur ähnelte. In der aktuellen Debatte um die Zahlung der Auslandsschulden, die Argentinien nach einem US-amerikanischen Gerichtsurteil zu zahlen hat, wettert Kirchner zwar gegen die „Aasgeier-Fonds“ und spricht von Erpressung, macht jedoch weiter mit der Zahlung der Schulden, schließt Verträge mit imperialistischen Konzernen wie dem US-amerikanischen Monsanto oder dem spanischen Repsol und setzt die Polizei gegen entlassene ArbeiterInnen bei LEAR ein. Diese Repression hat die Aufgabe, ein Exempel für kommende Kämpfe gegen Entlassungen und Kurzarbeit zu statuieren, die sich in einer Perspektive der wirtschaftlichen Rezession vermehren werden.

Der Protesttag am 8. Juli hat also deutlich gezeigt, auf welcher Seite die Regierung wirklich steht. Er hat auch gezeigt, dass der Kampf für die Wiedereinstellung kein leichter Kampf ist. Aber er hat auch deutlich gemacht, das es Tausende gibt, die sich für die ArbeiterInnen von LEAR einsetzen und sie bis zum Ende unterstützen. Am 17. Juli wird es einen weiteren nationalen Protesttag geben, um den Kampf weiterzuführen. Die PTS stellt ihre Studierenden, kämpferischen Betriebsräten und ArbeiterInnen, Anwälte und Abgeordnete in den Dienst dieses harten Kampfes, der eine enorme Bedeutung für die argentinische ArbeiterInnenklasse besitzt. Deshalb ist auch die Unterstützung des Kampfes aus der imperialistischen Bestie Deutschlands gefragt.

Solidarität mit den argentinischen ArbeiterInnen von LEAR
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