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Interview: Revolutionärer Abgeordneter aus Buenos Aires
von : Wladek Flakin

12 Jan 2014 | Seit Oktober stellt die revolutionäre Linke Argentiniens mehrere Abgeordnete. Einer reist zur Zeit durch Europa. Ein Interview mit Christian Castillo, Dozent für Soziologie und führendes Mitglied der Partei Sozialistischer ArbeiterInnen (PTS). Seit zwei Monaten sitzt er für die Front der Linken und der ArbeiterInnen (FIT) im Parlament der Provinz (...)
Interview: Revolutionärer Abgeordneter aus Buenos Aires

Seit Oktober stellt die revolutionäre Linke Argentiniens mehrere Abgeordnete. Einer reist zur Zeit durch Europa. Ein Interview mit Christian Castillo, Dozent für Soziologie und führendes Mitglied der Partei Sozialistischer ArbeiterInnen (PTS). Seit zwei Monaten sitzt er für die Front der Linken und der ArbeiterInnen (FIT) im Parlament der Provinz Buenos Aires

Wie kommt man als Angehöriger einer revolutionären linken Partei ins argentinische Parlament?

Das ist das Ergebnis des Aufschwungs der antikapitalistischen und sozialistischen Linken in Argentinien. Meine Partei konnte zum Beispiel in den letzten Jahren die Betriebsräte in einigen der wichtigsten Industrieunternehmen für sich gewinnen. Auch in der Studierendenbewegung wächst die revolutionäre Linke: So gewannen wir die Wahlen an vier von elf Fakultäten an der Universität von Buenos Aires.

Unser Wahlbündnis, die Front der Linken und ArbeiterInnen (FIT), besteht aus der Partei Sozialistischer ArbeiterInnen (PTS), der ArbeiterInnenpartei (PO) und der Sozialistischen Linken (IS). Es hatte 2011 einen guten Start mit mehr als 500.000 Stimmen bei der Wahl für die Präsidentschaft und mit 660.000 bei der zum Parlament. Letzten Oktober kamen wir dann auf 1,2 Millionen Stimmen und errangen damit drei Mandate im nationalen Parlament: Nicolás Del Caño von der PTS für Mendoza, Pablo López (PO) für Salta und Néstor Pitrola (PO) für die Provinz Buenos Aires. Ein vierter Sitz für Córdoba wurde uns durch Wahlbetrug gestohlen. Außerdem bekamen wir Sitze in Provinzparlamenten. Auch ich habe einen, und zwar in der größten und bevölkerungsstärksten Provinz des Landes, Buenos Aires.

Bemerkenswert ist, dass die FIT im gesamten Land gute Ergebnisse erzielte: so zehn Prozent in Jujuy und Neuquén, 20 in Salta oder 14 in Mendoza – und das mit einem klar antikapitalistischen Programm, das den Kampf für eine Regierung der ArbeiterInnen auf die Fahne schreibt.

Wie sind deine ersten Erfahrungen im Parlament?

Es gab bisher nur zwei Sitzungen vor der Pause im Januar. Bei der ersten ging es um die Wahl des Vorsitzenden, bei der sich alle FIT-Abgeordnete enthalten haben. In der letzten Sitzung habe ich zu mehreren Themen interveniert und wurde dabei ausgepfiffen – man merkt, dass die anderen politischen Kräfte nicht daran gewöhnt sind, wenn Abgeordnete die Interessen der ArbeiterInnenklasse vertreten.

In den vergangenen Wochen hat Argentinien Polizeimeutereien erlebt, bei denen es auch zu Plünderungen und Todesfällen kam. Wie reagierte die FIT darauf?

Wie sind eine Front und keine einheitliche Partei; zu dem Thema haben wir aber eine gemeinsame Stellungnahme herausgegeben. Es gibt auch Differenzen, die wir öffentlich diskutiert haben. Die PTS jedenfalls lehnt die Forderung der Polizei nach besseren löhnen ab – wir wollen Verbesserungen für ArbeiterInnen, nicht für UnterdrückerInnen. Im Parlament habe ich darauf aufmerksam gemacht, dass die Regierung auf die Forderungen der Repressionskräfte mit Gehaltserhöhungen und Garantien von Straflosigkeit reagierte. Streikende ArbeiterInnen hingegen bekommen ihre löhne für die Streiktage abgezogen und werden kriminalisiert. In Argentinien gibt es heute mehr als 5.000 Menschen, die wegen Teilnahme an sozialen Kämpfen verurteilt wurden.

In welche anderen Konflikte konnten sich die revolutionären Abgeordneten seit der Wahl einmischen?

Unser Parlamentsabgeordneter Nicolás del Caño war beim Kampf der kommunalen Beschäftigten in der Kleinstadt Lavalle in Mendoza dabei ein sehr harter Kampf, mit dem er Heiligabend verbracht hat. Wir haben auch bei den Protesten gegen die Stromkürzungen mitgemacht, die kurz vor Weihnachten begannen. In meinem Fall habe ich während dieser internationalistischen Rundreise auch den Streik der ArbeiterInnen von Panrico (http://www.jungewelt.de/2014/01-13/003.php) in Barcelona unterstützt, die seit 80 Tagen im Streik sind. Bei beiden Ausständen haben wir Teil unserer Diäten den Streikfonds gespendet.

Wie wird die Parlamentsarbeit in den nächsten vier Jahren aussehen?

Wir haben ein Rotationssystem, um die Sitze unter den verschiedenen Mitgliedsparteien aufzuteilen. Ich werde anderthalb Jahre im Parlament sein, dann ist ein Genosse der PO dran, anschließend einer der IS. In dieser Zeit werden wir die Forderungen der ArbeiterInnen und der Unterdrückten einbringen. Die Gesetzesprojekte werden wir mit Gewerkschaften, Studierendenverbänden und Menschenrechtsgruppen diskutieren, damit sie durch Mobilisierungen unterstützt werden können.

Was machst du in Europa?

Die Parlamentspause wollen wir ausnutzen, um unsere Erfahrungen mit der Linken und den ArbeiterInnen in verschiedenen ländern zu teilen. Ich werde in London, Berlin, Toulouse, Barcelona, Madrid, Athen und Paris sprechen.

 

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