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„Das ist nur der Anfang!“
von : FT-CI Deutschland

05 Jan 2011 |

In den letzten Monaten erschütterten die Londoner Straßen eine radikalisierte Studierendenbewegung, die sich wegen erhöhten Studiengebühren und anderen Maßnahmen des harten Sparpakets der britischen Regierung entfachte und mit der Unterstützung einiger Arbeiterkämpfe zu einer starken Bewegung geworden ist, die ihresgleichen schon in Griechenland und Spanien und aktuell massiv in Italien findet und der Anfang weitreichender sozialer Proteste sein kann.

Seit der Ankündigung einer harten Bildungsreform durch die konservativ-liberale Koalition in England hat sich ein vehementer Widerstand von Studierenden, SchülerInnen und Dozierenden entfacht. Die Studiengebühren sollen bis auf das dreifache erhöht werden, zusätzlich sollen jedoch auch noch 80% der Zuschüsse an die Universitäten gestrichen werden. Diese Universitätsreform ist Teil des drastischen Pakets, mit dem in vier Jahren 81 Milliarden Pfund eingespart werden sollen. Dabei werden Stellen im öffentlichen Dienst gestrichen, das Rentenalter erhöht, löhne gekürzt, Sozialausgaben gekürzt, Heizkostenzuschüsse für Arme gestrichen usw. – Maßnahmen, die alle Bourgeoisien Europas ihrer Arbeiterklasse und der ärmsten Bevölkerung auferlegen um sich aus der Krise zu retten.

Entfacht durch die Wut über die Erhöhung der Studiengebühren, die Kindern aus der Arbeiterklasse aber auch den Mittelklassen ein Studium schier unmöglich machen, mobilisierten sich in mehreren Demonstrationen über 50.000 Studierende. Sie stürmten das Londoner Zentrum, besetzten Hörsäle und bereiteten in ihren demokratischen Vollversammlungen den Weg für einen massiven Widerstand gegen das Sparpaket und gegen die englische Regierung. Dabei sammelten sich in den Demonstrationen vor allem auch die proletarische Jugend der ärmeren Viertel, denen eine Zukunft voll Arbeitslosigkeit und Misere ins Haus steht zusammen mit den Studierenden der Mittelklassen, bei denen sich die Angst sozial abzurutschen in Wut gegenüber den Verantwortlichen gewandelt hat. Bei einiger Mobilisierungen verbündeten sich auch Sektoren der Arbeiterklasse mit ihnen, so demonstrierten bei der ersten massiven Demonstration im November die U-Bahn-Beschäftigten und Journalisten des BBC mit den Studierenden um gegen die Kürzungen im öffentlichen Dienst und die Erhöhung des Rentenalters anzugehen.

Im Verlaufe der Mobilisierungswelle radikalisierte sich die Bewegung eindeutig, ein Höhepunkt war der spontane Angriff auf das Fahrzeug der Monarchen: „Prinz Charles und Camilla dachten womöglich an Revolution und Guillotine. Immerhin war laut und deutlich die Stimme zumindest eines Demonstranten zu vernehmen, der immer wieder rief: "Off with their heads, off with their heads" - zu Deutsch: Kopf ab.“ (Sueddeutsche.de 10.12.2010)
Ein Problem der Proteste in GB bleibt wie auch in anderen Nachbarstaaten oft gesehen, dass weder die Studierendenvertretungen , in England also die Gewerkschaften der Studierenden, noch die allgemeinen Gewerkschaften zu einem einheitlich progressiven Widerstand aufrufen. Somit bleiben oft spontane und vereinzelte Aktionen der radikalisierten Sektoren isoliert und schaffen es nicht eine Einheit auch mit den Kämpfen der Arbeiterklasse herzustellen. Durch den geringen Druck, den Studierende auf die Bourgeoisien ausüben können, wenn sie diese jedoch einen Schreck eingejagt haben, bleiben ihre harten Forderungen oft umsetzbar. Doch trotz der letztendlichen Verabschiedung der Universitätsreform ist es den Studierenden gelungen, die Regierung in die Defensive zu bringen.

Eine ähnliche Dynamik ist auch in Italien zu beobachten: Während der mafiöse Berlusconi nur knapp sein Misstrauensvotum für sich entscheiden konnte und nun ohne parlamentarische Mehrheit im Amt wackelt, brodelte auf den Straßen Roms der Protest gegen ein kriselndes Regime. So wurde aus einer Demonstration gegen die Studienreform in Italien eine massive und radikalisierte Mobilisierung nicht nur gegen die Berlusconi-Regierung, sondern gegen die ökonomischen und sozialen Angriffe der Bourgeoise der letzten 15 Jahre. Die harten Auseinandersetzungen, die die Straßen Roms erschütterten, erinnerten an die Bilder aus Genua von 2001 bei den Protesten gegen den G8 Gipfel. Dies war der erste rebellische Schritt einer sich formierenden Jugendavantgarde hinzu einem Kampf gegen die Regierung, gegen ihre Sparpläne, gegen die italienische Bourgeoisie.

Die neue Qualität dieser Proteste, liegt vor allem in zwei entscheidenden Punkten: die Radikalisierung der Methoden des Protestes und der gesamtpolitischen Perspektive desselben, also nicht nur einen Kampf gegen Studiengebühren bzw. gegen Kürzungen im Bildungsbereich, sondern gegen den gesamten Angriff des Sparpaketes zu führen. So erhoben 2008 die Studierenden in Italien noch friedlich aufgebend ihre Hände gegenüber der eingreifenden Polizei, heute setzten sie ihre Fäuste ein. In London wurde die Parteizentrale der Konservativen gestürmt und das Prinzenpaar angegriffen. Wenn diese Aktionen konkret auch meist von einer radikalisierten Avantgarde durchgeführt werden, so ist doch eine Gesamtbewegung entstanden, die die Verantwortlichen für die miserablen Zukunftsaussichten klar zur Rechenschaft ziehen will und selbst von vielen bürgerlichen Medien wird die eindeutige Wut beschrieben, die sich unter der Jugend in GB und Italien breit gemacht hat und ein hohes Potenzial hat, radikalere Methoden zu greifen, da wie viele Demonstranten berichten, sie endlich erhört werden wollen und die Nase voll haben, mit Reformen, die letztendlich keine sind, abgespeist zu werden.

Nun liegt es an der revolutionären Avantgarde diese Wut und Misstrauen der Jugendlichen mit einer Perspektive jenseits der sektoralen Forderungen aufzuzeigen: Nur in der Verbindung mit der Arbeiterklasse, wie in Ansätzen in Frankreich zu beobachten war, können die Studierenden und Jugendlichen ihren Kampf gegen die angekündigten Kürzungen im Bildungsbereich, gegen Prekarisierung und Perspektivlosigkeit erfolgreich führen.
Die Jugend in Europa wehrt sich gegen die Streichung Ihrer Zukunftsperspektiven – und das ist erst der Anfang.

 

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