FT-CI

Abbau demokratischer Rechte

"Verfolgt, kriminalisiert, abgeschoben"

09/06/2010

Von Antje Berlinger 04.06.2010

„Parkt Eure Autos um! Schließt Eure Häuser ab und macht die Jalousien runter! Verbarrikadiert Eure läden! Fahrt raus aus Berlin, die Chaoten-Armee kommt!“ In der Hetzte und Angstmache der bürgerlichen Presse vor den Protesten am vergangenen ersten Mai wurde wieder einmal deutlich, dass die Linke kriminalisiert und (nicht nur) ideologisch verfolgt wird, während Nazis in Dresden und Berlin weiter marschieren durften. Diese Verfolgung, der Anstieg der politischen Gefangenen und die immer voran schreitende Militarisierung im Inneren, die harte Abschiebepolitik und die Kriminalisierung von Jugendbewegungen verdeutlicht das Voranschreiten im Abbau demokratischer Rechte, die eine vorbeugende Funktion angesichts eines zu erwartenden Anwachsen des Widerstandes größerer Bevölkerungsschichten gegen die angekündigten Kürzungen im sozialen Bereich.

Die Repression, die sich zurzeit vor allem gegen linke AktivistInnen und MigrantInnen richtet, zielt auf die präventive Einschüchterung und Abschreckung von großen Teilen der Bevölkerung. Präventiv, weil angesichts der sich verschärfenden sozialen Lage durch die Kosten der Weltwirtschaftskrise sich immer breiter werdende Teile der Bevölkerung gegen ihr „Schicksal“ in Bewegung setzen werden. Diese „vorbeugende Offensive“ zeigt auch, dass die Bourgeoisie eine sich allmählich anbahnende Politisierung und Radikalisierung von großen Teilen der Bevölkerung fürchtet: Diese Spannungen sind gesamtgesellschaftlich spürbar und sollten ausgenutzt werden. Ansteigende Protestbewegungen, wie die Ausweitung des Studierendenprotests, der Rückgang traditioneller Parteien, sowie neue Phasen von ArbeiterInnenkämpfen sind Symptome der sich vertiefende Krise des Regimes.

Die Bourgeoisie ist für diese Krise verantwortlich und die sich beginnend organisierenden Abwehrkämpfe jeglicher Fasson sollen im Keim erstickt werden, indem wesentliche historisch erkämpfte Rechte immer weiter beschnitten werden. Das „Anti-Terror-Gesetz“ von 2005 war bereits ein Teil dieser Offensive, die mit anderen repressiven Gesetzten wie vor allem der Beschneidung des Streikrechts deutlich macht, wie die deutsche Bourgeoisie sich auf härtere Auseinadersetzungen juristisch vorbereitet.
So ist der Militarisierungsgrad (nach Innen und Außen) des deutschen Staates einerseits ein Ausdruck der Notwendigkeit der deutschen Bourgeoisie, ihre Rolle auf weltpolitische Terrain entsprechend ihrer wachsenden wirtschaftlichen Stärke zu spielen, und als Gewinner der EU-Krise hervorzugehen und andererseits ein Ausdruck der Notwendigkeit im Inland präventiv angesichts der sich anvisierenden Verschärfung des Klassenkampfes nach der Umsetzung von den inzwischen angekündigten Sparplänen zu handeln und aufkeimende Proteste gegen ihre Maßnahmen auf welcher politischen oder sozialen Ebene immer, in Schach zu halten um ihre mögliche Verbindung (wie im letzten Bildungsstreik in Berlin und Stuttgart anvisiert) zur ArbeiterInnenklasse und eine somit mögliche Generalisierung der Gegenwehr zu verhindern.

DIE ANGRIFFE GELTEN HEUTE DER LINKEN AVANTGARDE

Wie der letzte Bildungsstreik zeigte, wurde dies versucht um den wachsenden Unmut in die parlamentarischen Wogen zu wiegen und wer nicht parierte, weiterhin Hörsäle besetzte und sich wehrte wurde hart geräumt. Gerade gegen AktivistInnen gehen die bewaffneten Beschützter des Kapitals, also die Polizei hart vor. Gegen die linke Avantgarde richtet sich ein immer ausgefeilterer Apparat, der über vielfältige gerade in Berlin Sonderkommandos und Spezialeinheiten verfügt. Doch diese direkte Ausübung von repressiver Gewalt wird durch die juristische und politisch gezielte Verfolgung unterstützt. So wurde die letzte Mobilisierungswelle gegen die Nazi-Aufmärsche in Dresden wieder einmal zum Anlass für massive Hausdurchsuchungen in der linken Szene vor allem Berlins genutzt. Gerade die Avantgarde die sich dem antifaschistischen und antirassistischen Kampf verpflichtet fühlt, wird ausspioniert und bei jeglicher Gelegenheit kriminalisiert. In den bürgerlichen Medien wird dieses Ìberschreiten von wesentlichen Freiheitsrechten mit zahlreichen Kampagnen und Reportagen über den „Anstieg linker Gewalt“ (Spiegel) begleitet, um diese Verfolgung und Ausgrenzung zu legitimieren und ein Klima der Angst unter der Bevölkerung zu schüren. So wurden um die Proteste am ersten Mai auch dieses Jahr wieder linke AktivistInnen festgenommen, viele von Ihnen werden wie diejenigen die seit dem G8 Gipfel prozessieren und einsitzen, verurteilt werden. Dabei wird über die Existenz politischer Gefangener und politischer Verfolgung seitens der bürgerlichen Medien und Politiker kaum debattiert und versucht, die Systemkritik aus linken Sektoren nur unter dem Gesichtpunkt jugendlicher Krawallmache zu verhandeln, um vorbeugend einen Keil zwischen großen Teilen der Beschäftigten, der Jugend und linken Sektoren voranzutreiben und somit die potentielle Gefahr eines Zusammenlaufens zwischen diesen beiden Sektoren im Keim zu ersticken.

DIE AUSGRENZUNG VON MIGRANTINNEN

Doch nicht nur radikale Sektoren sind von dieser Verfolgung betroffen. Gerade auf der Ebene der Einwanderungspolitik werden klare Ausgrenzungsmechanismen vorangetrieben, die juristisch im Aufenthaltgesetzt festgeschrieben sind, die gerade papierlose Ausländer unter einer Vielzahl völlig undemokratischer Auflagen in ihrer Freiheit einschränken. Residenzpflicht, Arbeitsverbot, Einpferchung in überfüllte und unhygienische Heime und finanzielle Beschneidung sind von der Bourgeoisie und ihren Verwaltern festgelegte Unterdrückungsmaßnahmen. Während Deutschland mit seinen imperialistischen Politiken und seinen Rüstungsexporten genau jene Kriegszustände geradezu fördert, wovon Menschen fliehen, werden diese Flüchtlinge hier ebenfalls verfolgt. Auch hier wird durch zahlreiche mediale Kampagnen die Legitimation dieser Maßnahmen vorangetrieben, so dass repressive Maßnahmen gegen Flüchtlinge als notwendige Regelungen gepriesen werden.
Aber nicht nur Abschiebungen und Verbote gegenüber MigrantInnen bilden wesentliche Bestandteile der repressiven Maßnahmen, sondern auch die gesellschaftliche Isolierung und Ächtung vermeintlicher fremder Religionsangehöriger wie den Muslimen. Während in Belgien schon generelle Burka-Verbote ausgesprochen wurden, werden auch in Deutschland wie jüngst in Schuldebatten Brandenburgs Kopftücher verboten, was im Rahmen einer Kriminalisierungskampagne gegen Muslime auf offenen Ohren sogar in Teilen „linker“ Organisationen findet. Dabei sprechen wir nicht einmal von Rechten wie zum Beispiel dem Zugang zur höheren Bildung, die sozialstrukturell gerade MigrantInnenkindern verwehrt wird.

GEMEINSAME VERTEIDIGUNG

Zum konsequenten Kampf gegen den Abbau der demokratischen Rechte ist jedoch eine Kapitalismuskritik notwendig, die die Repressionsmaßnahmen als einen Bestandteil der ansteigenden Ausbeutungs- und Unterdrückungsrate ansieht. So ist naheliegend, dass nur in der solidarischen Verbindung der Unterdrückten, sich die Offensive der Bourgeoisie aufdecken und bekämpfen lässt. Somit müssen wir in den Kämpfen um demokratische Freiheiten, wie dem Kampf um Lebens- und Stadträume, um Bleiberecht und Freiheit von Meinung, Geschlecht und Ideologie gemeinsam gegen das Diktat der Krisenverursacher angehen, denn es ist notwendig diese repressive Walze auszubremsen - die verlorenen demokratischen Rechte wieder zu erlangen, um uns dann neue Rechte zu erkämpfen.

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