FT-CI

LLL

Aus dem Klassenkampf in Frankreich lernen

26/01/2011 Bericht vom Luxemburg-Liebknecht-Lenin-Weekend von RIO und FT-CI in Berlin

Die Bourgeoisien in ganz Europa zwingen den ArbeiterInnen und der Jugend Sparpakete auf, und Deutschland bildet hier keine Ausnahme. Aber wegen der momentanen Stärke des deutschen Imperialismus, welcher seine Position auf Kosten anderer imperialistischer Mächte ausbauen konnte, und wegen der aktiven Unterstützung der Gewerkschaftsbürokratie, waren die Kämpfe gegen dieses Programm bis jetzt nur sehr beschränkt. In diesem Rahmen ist es für RevolutionärInnen in Deutschland wichtig, von den Klassenkämpfen in anderen ländern zu lernen. Mit diesem Ziel versammelten sich 40 Personen auf dem internationalen Seminar der Revolutionären Internationalistischen Organisation (RIO) und der Trotzkistischen Fraktion – Vierte Internationale (FT-CI) am 8. Januar in Berlin.

Das Seminar begann mit einer Diskussion über den laufenden Streik bei UPS in der Türkei. Victor Jalava (RIO) aus Berlin erklärte, dass dieser Streik Teil eines allgemeinen Aufschwungs von ArbeiterInnenprotesten in den letzten ein bis zwei Jahren in der Türkei ist, welche auf der einen Seite auf einem schnellen ökonomischen Wachstum, auf der anderen Seite auf einer tiefen Spaltung der herrschenden Klasse basieren. Dieser Aufschwung ist von besonderer Bedeutung für das Proletariat in Deutschland, welches Millionen türkisch- und kurdischstämmige ArbeiterInnen einschliesst. Es scheint momentan so, dass der sechsmonatige Streik bei UPS in einem Sieg enden wird – während des Seminars haben wir die Meldung bekommen, dass der UPS-Vorstand damit einverstanden ist, 151 ArbeiterInnen (alle bis auf 11 von den Gefeuerten) wieder einzustellen und ihnen das Gehalt für die Streikperiode nachzuzahlen. Die Diskussion drehte sich um die Wichtigkeit internationaler Solidaritätsarbeit – in diesem Fall in verschiedenen ländern durch RIO unterstützt –, um einen global agierenden Konzern wie UPS in die Knie zu zwingen.

Danach gab es kurze Vorträge über den Klassenkampf in der Tschechischen Republik, Großbritannien und Deutschland. Roman Novotny (RIO) aus Prag analysierte den Widerstand der tschechischen ArbeiterInnen gegen die rechte Regierung, mit einer überraschend großen Gewerkschaftsdemonstration im September aber einem enttäuschend kleinen Streik des öffentlichen Sektors im Dezember. James (Permanent Revolution), Arbeiter der Londoner U-Bahn, sprach über die Proteste gegen die Kürzungen, einschließlich der massiven und militanten Demonstrationen der Studierenden und vieler hitziger Reden der Gewerkschaftsführungen, was aber bisher nicht mit Streiks verbunden war. Leon Fädler (RIO) aus München sprach über die Situation in Deutschland, wo trotz brutaler Angriffe auf die schwächsten Schichten der ArbeiterInnenklasse die Proteste im Vergleich zu anderen europäischen ländern klein waren, denn die sozialdemokratischen Gewerkschaftsführungen wollen keine Art von Kampf organisieren, und die radikale Linke ist von der ArbeiterInnenklasse isoliert (und orientiert sich in vielen Fällen nicht einmal subjektiv an den ArbeiterInnen).

Aber die wichtigste Diskussion des Tages ging um die Streikwelle in Frankreich Ende 2010. Die sieben Wochen von Streiks und Demonstrationen gegen die Rentenreform, einschließlich Blockaden von Ölraffinerien, Besetzungen von Schulen und Tendenzen hin zum Generalstreik – Proteste, welche die französische Bourgeoisie ca. 200-400 Mio. Euro pro Tag kosteten! – stellten eine neue Qualität im Widerstand gegen die Sparpakete dar, eine „Kehrtwende im Klassenkampf in ganz Europa”, wie es Jean-Baptiste (FT), ein Lehrer aus einem Vorort von Paris und Mitglied der Revolutionären Tendenz (Plattform 4) der Neuen Antikapitalistischen Partei (NPA), in seinem Vortrag erklärte. Die Bewegung repräsentierte aber auch eine neue Qualität im Vergleich mit den Protesten in Frankreich von 1995, 2005 oder 2006: Die Bewegung vereinigte ArbeiterInnen aus den öffentlichen und den privaten Sektoren mit Studierenden und unterdrückten Jugendlichen, das Proletariat entwickelte verschiedene Formen der Selbstorganisierung und die Massen erweiterten den traditionellen Slogan „tous ensemble“ (alle zusammen) mit einer zweiten, wichtigeren Zeile: „grève générale“ (Generalstreik).

Manuel Georget, ein Arbeiter der Philips Fabrik in Dreux, und ebenfalls Mitglied der Revolutionären Tendenz der NPA, war es wegen der Vorbereitungen für den NPA-Kongress im Februar leider nicht möglich, am Seminar teilzunehmen. In einer Grußbotschaft vermerkte er, dass viele AktivistInnen in Deutschland der Meinung sind, dass die ArbeiterInnen und Jugendliche “Französisch lernen” müssten. Aber Französisch, sagte er, kann mit mehreren verschiedenen Akzenten gesprochen werden. Das Sprechen der französischen Sprache mit dem Akzent der Gewerkschaftsbürokratie kann nur zur Demobilisierung und zur Niederlage führen; aber der Akzent der fortschrittlichsten Sektoren der ArbeiterInnenklasse kann überall gesprochen werden – und auch überall zu Siegen führen.

Die Diskussion über Frankreich drehte sich um die Tendenzen zur Selbstorganisierung in Form der berufsübergreifenden Versammlungen („Interpros“). Mit den GenossInnen der Fraction de Lutte Ouvrière („L’Étincelle“) gab es eine wichtige Debatte über die Bedeutung der Interpros, welche trotz ihrer geringen Größe einen Schritt zur ArbeiterInnenselbstorganisierung in wichtigen Konzentrationen des Proletariats darstellten. Wir glauben, dass die Differenzen in der Analyse und der Charakterisierung zwischen der FT und RIO auf der einen, und der LO-Fraktion auf der anderen Seite, welche in der Diskussionen zum Ausdruck kamen, von strategischer Bedeutung sind.

Es gab eine weitere Diskussion über die Unzulänglichkeit der zwei großen Organisationen der radikalen Linken in Frankreich, der NPA und Lutte Ouvrière (LO). Diese Organisationen konnten keine Alternativen zur demobilisierenden und demoralisierenden Politik der Gewerkschaftsbürokratie anbieten, entweder wegen ihrer Weigerung, die BürokratInnen zu kritisieren (im ersteren Fall), oder wegen ihrem konservativen Beharren darauf, dass Tendenzen hin zum Generalstreik einfach nicht existierten (im letzteren Fall). Entgegen dieser Anpassungen sind die GenossInnen der FT dabei, innerhalb der NPA eine starke revolutionäre Strömung aufzubauen mit einer klar revolutionären Strategie für die ArbeiterInnenklasse und die Jugend, welche auf einer Aktualisierung des Ìbergangsprogramms basiert. Wie auf dem Seminar erklärt wurde, drückt dieses Programm immer noch die Hauptaufgaben für RevolutionärInnen heute aus, wie z.B. der Kampf gegen die Gewerkschaftsbürokratie und für die Selbstorganisierung der ArbeiterInnenklasse, um gegen zukünftige Angriffe der Bourgeoisie vorbereitet zu sein.

Nach der dreistündigen Diskussion über Frankreich folgte ein Konzert mit drei revolutionären Rappern: Lea-Won und Crument aus München sowie Cien aus Santiago de Chile (von der Gruppe „Legua York“). Das Konzert endete um 1 Uhr, damit die TeilnehmerInnen etwas schlafen konnten vor der traditionellen Demonstration zum Gedenken der GründerInnen der Kommunistischen Partei Deutschlands, Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht, deren Ermoderung sich zum 92. mal jährte. Auf der Demonstration, welche am Sonntag um 10 Uhr begann, bildeten wir einen trotzkistischen Block. Nun besteht die Aufgabe darin, die Lehren des Seminars zu nutzen, um starke revolutionäre Organisationen aufzubauen.

von Wladek Flakin, RIO, Berlin, 22. Januar, 2011
Ìbersetzung: Marius Weizenberger, RIO, München

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